Emanzipation gegen Bürokratisierung und Verrechtlichung

Es ist festzustellen, daß die Forderungen von nach Emanzipation strebenden Bewegungen wie auch der Frauenbewegung Eingang gefunden haben in einen weite Teile des Lebens dominierenden bürokratischen Staatsapparat. Allen im menschlichen Leben notwendig auftretenden Konflikten soll durch Gesetzgebung Abhilfe geschaffen werden, was dann als gesellschaftlicher Fortschritt gilt. Dabei folgt die massive Gängelung des Staates und der Jugendämter im Bereich des Familienrechts leider nicht Kriterien sozialer Befriedung, sondern ist gesellschaftlichen Moden unterworfen und berücksichtigt kaum die Besonderheit des Einzelfalles.
Familienrecht ist in allen Gemeinwesen ein sensibler Punkt, weil in ihm das Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatheit jeweils neu ausgehandelt werden muß. Darüber hinaus stehen bei uns Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz des Staates: so will es das Grundgesetz. Wäre es nicht an der Zeit, auch innerhalb der Frauenbewegung, anstelle des alten, zu seiner Zeit brisanten Postulats: "Das Private ist politisch" und seiner Erfolge, die Forderung nach einem umfassenden Schutz des Privatlebens zu erheben; nicht nur in umstrittenen Fragen wie dem Abtreibungsparagraphen, sondern in allen Fragen menschlicher Lebensgemeinschaften. Eintreten für Emanzipation könnte hier bedeuten, Möglichkeiten zu schaffen bzw. offenzulassen: Möglichkeiten der persönlichen Wahl, der Bildung, des Zugänglichmachens von Informationen. Ein Gesetz wie das zur besonderen Behandlung von Vergewaltigung in der Ehe ist nicht nur fatal für die Dynamik ehelicher Gemeinschaften, sondern darüber hinaus grob widersinnig, definiert doch das Gesetz selbst die Ehe gerade durch den einverständlichen Vollzug des Beischlafs, mithin als den jeweiligen Gebrauch der Geschlechtsorgane des Partners, wie dies bereits Kant in aller wünschenswerten Deutlichkeit formulierte. Ein solches Gesetz definiert also nicht bloß Ehemänner als potentielle Aggressoren und Ehefrauen als potentielle Opfer, sondern stellt Sexualität von vornherein unter Gewaltverdacht. So wäre es an der Zeit, die Ehe als staatlich sanktionierte Veranstaltung neu zu überdenken. Dies wäre möglich selbst ohne das christliche Dogma der Ehe als Sakrament anzugreifen, indem diese Dimension in den privaten Bereich verwiesen bleibt und der Trennung zwischen Staat und Kirche Vorschub geleistet würde. Dies ist ein Plädoyer dafür, die Ehe, ähnlich wie im Islam, als einen zwischen den Partnern auszuhandelnden Privatvertrag zu konstituieren, der z.B. auch auf Zeit geschlossen werden kann und nur einen einjährigen Kündigungsschutz beider Partner vorsieht. Wenn dagegen Schutz des Privatlebens, so sollten alle Formen menschlichen Zusammenlebens in den Genuß dieses Schutzes kommen.

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