Pathos der Arbeit

Zweihundert Jahre hielt das Pathos der Arbeit die Geschichte in Atem. Der sich emanzipierende Knecht spannte die Muskeln auf revolutionären und konterrevolutionären Plakaten. Heute wird über den Verlust von Arbeit als Katastrophe lamentiert. Arbeit scheint für das individuelle Selbstverständnis unverzichtbar zu sein. Doch nichts wird die Uhren zurückdrehen. Der moderne Prometheus weicht dem Arbeitsmannequin.
Arbeit ist in unserer Gesellschaft offensichtlich ein ideologisch aufgeladenes Wort: Warum sonst die Rhetorik gegen Arbeitslosigkeit? Warum lieber eine Subvention der Arbeit statt der Arbeitslosigkeit?
 
Weil die Fleißigen von ihrer Angst faul zu sein entlastet werden sollen - darum geht es, denn sonst könnten tatsächlich "unkontrollierte" Wünsche auf ein spielerisches Leben aktiviert werden, der ganze bittere Ernst könnte sich als Korsett einer humorlosen Gesellschaft entpuppen.
Arbeitslosigkeit ist viel mehr ein Problem der Arbeitsplatzbesitzer als der Arbeitslosen, denn der Hass dieser Besitzer vermiest den Arbeitslosen das Leben.
Statt voller Freude die Suche nach sinnstiftender Aktivität zu subventionieren, werden die Bemühungen immer hektischer mit dem Argument "schafft Arbeitsplätze" jeden Unsinn zu finanzieren.
Wie erklärt sich die paradoxe Struktur einer Ideologie der Arbeit:
Der Lohn der Arbeit hat sich durch steigende Wertschöpfung pro Arbeitsstunde zunehmend vom Lebensunterhalt zur Frustkompensation verschoben. Denn trotz der enormen Produktivitätssteigerung durch in Kapital geronnene Profite, darf die Dividende" eben nicht ausgeschüttet werden. Ein bequemes Leben ohne Erwerbstätigkeit und Selbstzweifel würde Frustkompensation sinnlos machen und den Frustrations- und Zwangscharakter der Arbeit im Spätkapitalismus offenbaren. Außerdem würden Hass- und Bestrafungsmentalität gegen die Faulen transparent.

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